Auch die Immobilien einer Wohnungseigentumsanlage kommen in die Jahre. Die Kosten, die dann für Instandsetzung oder Instandhaltung (Erhaltung) entstehen, sind oftmals „schwindelerregend“ hoch. Und daher gehört es zur ordnungsmäßigen Verwaltung in einer WEG, eine angemessene Erhaltungsrücklage anzusammeln. Das findet sich im Gesetz in § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG.
Was denn genau angemessen ist, ist wie immer eine Frage des Einzelfalls. Zeichnen sich Erhaltungsmaßnahmen in den nächsten Jahren ab, z.B. umfangreiche Fassaden- oder Balkonsanierungen, kann eine Rücklage von mehreren hunderttausend EURO durchaus angemessen sein. Bei einer Anlagen neueren Datums wäre das vielleicht zuviel. Letztlich haben die Eigentümer hierbei aber immer einen gewissen Ermessensspielraum. Dass aber generell eine Erhaltungsrücklage anzusparen ist, darüber gibt es keine Diskussionen, das gehört zur ordnungsmäßigen Verwaltung.
Diese Erhaltungsrücklage darf auch nicht zweckentfremdet werden, z.B. für größere Ausgaben Anfang des Jahres. Jedenfalls darf der Verwalter bei Liquiditätsproblemen nicht ohne weiteres auf die Rücklage zugreifen. Denkbar ist, dass er hierzu durch Beschluss der Wohnungseigentümer in einem bestimmten, vordefinierten Rahmen, ermächtigt wird.
Der Stand der Erhaltungsrücklage ist im jährlichen Vermögensbericht darzustellen, § 28 Abs. 4 Satz 1 WEG.
Was oftmals übersehen wird: Die Erhaltungsrücklage ist letztlich nur ein rechnerischer Posten im Vermögen der Gemeinschaft. Die Erhaltungsrücklage muss sich nicht zwingend auf einem eigenen Konto befinden. Sie kann auch „Bestandteil“ des einen Girokontos sein, dass die Gemeinschaft führt. Und nicht immer entspricht das tatsächliche Geldvermögen der Gemeinschaft am Ende eines Jahres auch dem rechnerischen Soll-Betrag der Erhaltungsrücklage. Das mag daran liegen, dass einzelne Eigentümer Ihre Vorschüsse nicht gezahlt haben. Das mag aber auch daran liegen, dass der Verwalter doch -weil er sich nicht anders zu helfen wußte, die große Nachzahlung für Gasverbrauch oder die Heizöllieferung, bezahlt hat, in dem er auf den rechnerischen Betrag der Rücklage zurückgegriffen hat. Natürlich kann die Gemeinschaft aber beschließen, dass die Rücklage auf einem bestimmten Konto oder auch in einer bestimmten verzinslichen Art angelegt werden soll, die Zinsen steigen ja gerade wieder.
Ein Ergebnis des WEMoG ist die Erkenntnis, dass es zukünftig nicht nur eine, sondern notwendigerweise sehr viele verschiedene Erhaltungsrücklagen oder Rücklagen geben kann. Stellen Sie sich vor, den Eigentümern A, B und C wird der Einbau eines Fahrstuhls genehmigt. Damit wird Gemeinschaftseigentum geschaffen. Für die Erhaltung ist die Gemeinschaft zuständig, die Kosten sind aber auch zukünftig nur von A, B und C zu tragen. Die Erhaltung des Fahrstuhls kann also nicht aus der allgemeinen Erhaltungsrücklage gezahlt werden. Es ist hierzu eine gesonderte Erhaltungsrücklage anzusparen, die aber nur von diesen drei Eigentümern zu bedienen ist. Ähnlich wird es mit der E-Lade-Infrastruktur, die den Eigentümern C, D und E genehmigt wird. Und so weiter….; in der Vergangenheit kannten wir diese verschiedenen Rücklagen schon bei sog. Untergemeinschaften.
Und letztlich spricht § 28 Abs. 1 S. 1 WEG ausdrücklich davon, dass auch „weitere Rücklagen“ neben der Erhaltungsrücklage beschlossen werden können. Was das sein könnte, sagt das Gesetz nicht, der Anwendungsbereich ist also weit: z.B. eine Liquiditätsrücklage, damit die eigentliche Erhaltungsrücklage bei Liquiditätsproblemen nicht „angeknabbert“ werden muss. Denkar sind auch Rücklagen für Modernisierungen, zum Erwerb weiterer Grundstücke oder anderer Sachen (der Sitzrasenmäher für den Hausmeister) oder aber auch für drohende Kosten aus Rechtsstreitigkeiten (Beispiele bei BeckOGK/Hermann, 1.6.2022, WEG § 28 Rn. 26).