RA Martin Haucke, RAe Dr. Hantke & Partner
Der Anwendungsbereich des Widerrufsrechts für Fernabsatzverträge bei Maklerverträgen war lange Zeit umstritten. Es gab divergierende, oberlandesgerichtliche Entscheidungen zu dieser Thematik. Mit zwei Entscheidungen des BGH vom 07.07.2016 (BGH I ZR 30/15 sowie BGH I ZR 68/15) ist diese Unklarheit letztlich beseitigt worden und der BGH ließ per Pressemitteilung folgendes mitteilen:
„Der unter anderem für das Maklerrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in zwei Revisionsverfahren entschieden, dass ein per E-Mail oder telefonisch geschlossener Grundstücksmaklervertrag ein Fernabsatzgeschäft im Sinne von § 312b BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung (= BGB aF) ist und vom Maklerkunden innerhalb der gesetzlichen Fristen widerrufen werden kann.“.
Der Thematik des im Internet geschlossenen Maklervertrages widmete sich der BGH in einer weiteren Entscheidung vom 12.01.2017 (BGH I ZR 198/15). Der BGH hatte sich mit folgendem Fall zu befassen: Ein Makler wies den Beklagten auf eine im Internet veröffentlichte Immobilienanzeige auf www.immobilienscout24.de hin, in welcher sich ein Hinweis auf die Provisionshöhe von 5,95% auf den Kaufpreis befand. Der Beklagte bat um einen Besichtigungstermin mit dem Verkäufer, welchen der Makler vermittelte. Der Beklagte erwarb unter Ausschluss der weiteren Beteiligung des Maklers die Immobilie vom Verkäufer. Der Makler erfährt von dem Eigentumswechsel und verlangt seine Provision für seine Maklertätigkeit, obwohl der Beklagte schriftlich keine Provisionsvereinbarung mit dem Makler geschlossen hatte. Da die Provision nicht gezahlt wird, kommt es zum Prozess.
Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht gaben der Klage des Maklers statt und verurteilen den Beklagten zur Zahlung der Provision. Der Beklagte erklärte noch in der ersten Instanz vorsorglich die Anfechtung einer etwaigen Provisionsvereinbarung. Einen wirksamen Widerruf des Fernabsatzgeschäftes lehnten die Vorinstanzen im Ergebnis ab. Hiergegen wendete sich der Käufer mit der Revision an den BGH – und zwar mit Erfolg!
Der BGH hatte in seiner Entscheidung vom 07.07.2016 (BGH I ZR 30/15) u.a. folgendes entschieden:
„Übermittelt der Immobilienmakler einem Kaufinteressenten ein Exposé, das ein eindeutiges Provisionsverlangen enthält, liegt darin ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags. Dieses Angebot nimmt der Kaufinteressent bereits an, wenn er den Makler um die Vereinbarung eines Besichtigungstermins bittet. Der Vertragsschluss erfolgt in einem derartigen Fall nicht erst, wenn der Kaufinteressent den Besichtigungstermin mit dem Makler wahrnimmt.“.
In Anlehnung an dieses Urteil entscheidet der BGH zunächst, dass ein Maklervertrag im Wege des Fernabsatzgeschäfts zustande gekommen ist. Der Makler habe auf der Internetplattform www.immobilienscout24.de auf die Provisionshöhe sowie deren Fälligkeit hingewiesen. Der Käufer bat hierauf um einen Besichtigungstermin, sodass konkludent eine Provisionsvereinbarung zustande kam. Trotzdem muss der Käufer eine Provision nicht zahlen, da der BGH die Anfechtung dieser Provisionsvereinbarung (im erstinstanzlichen Prozess) als Widerruf des Maklervertrages wertete.
Der Makler hatte den Käufer nämlich nicht über ein Widerrufsrecht belehrt, sodass dieser den Maklervertrag noch lange nach Abschluss des konkludent zustande gekommenen Vertrages widerrufen durfte. Der BGH bestätigt damit die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Widerrufsrecht aus Fernabsatzverträgen nach bisherigem Recht – auch dort war für den Widerruf nicht zwingend erforderlich, dass die Widerrufserklärung das Wort „Widerruf“ enthalte. Die Widerrufserklärung muss lediglich zum Ausdruck bringen, dass der Vertrag von Anfang an nicht mehr gelten soll. Genau deshalb kann auch eine Rücktritts- oder Anfechtungserklärung ausreichend sein. Nicht ausreichend dürfte aber eine Kündigungserklärung sein, da – so in einer von uns vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht betreuten Angelegenheit – mit dieser lediglich der Vertrag für die Zukunft (nicht aber für die Vergangenheit) beenden werden soll.
Der kluge Makler wird sich in Zukunft mehr und mehr mit der komplizierten, rechtlichen Situation rund um den Widerruf von Maklerverträgen beschäftigen müssen. Der Abschluss solcher Verträge über Fernkommunikationsmittel wie E-Mails dürfte in den kommenden Jahren noch erheblich steigen.