WEG-Recht: Modernisierung im Wohnungseigentum

RA Dr. Kühnemund, RAe Dr. Hantke & Partner

Viele Wohnungseigentumsanlagen in Hamburg sind in die Jahre gekommen. Sanierungsbedarf zeigt sich an allen Ecken und Enden. Und die Energieeinsparverordnung tut ihr Übriges, so dass so manche Fassadensanierung sich zu einem Sanierungsvolumen im Bereich von mehreren hunderttausend Euro auswächst.

Bis zur Reform des Wohnungseigentumsrechts im Jahr 2007 erkannte man bei Fahrten durch die Straßen Hamburgs eine Wohnungseigentumsanlage daran, dass sie in der Regel top gepflegt, aber technisch und äußerlich auf dem Stand des Errichtungsjahres war. Instandsetzung und Instandhaltung waren nämlich mit Stimmenmehrheit als Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung möglich. Alles, was nicht unbedingt mit einer Instandsetzung verbunden war, also reine Modernisierungen, galten aber als bauliche Veränderungen und bedurften der Zustimmung in der Regel aller Miteigentümer.

Dazwischen gab es immer schon die sog. modernisierende Instandsetzung, zunächst eine Erfindung der Rechtsprechung, die seit 2007 aber auch im Gesetz steht. Wenn es einen Instandsetzungsbedarf gab, musste die Gemeinschaft die Instandsetzung nicht auf dem alten Standard durchführen, sondern durfte den neusten Standard wählen. Bestes Beispiel hierfür waren Fassadensanierungen. Wies die Fassade einen Instandsetzungsbedarf auf, konnte z.B. mehrheitlich auch die Aufbringung eines Wärmedämmverbundsystems mehrheitlich beschlossen werden.

Mit der WEG-Reform 2007 hat der Gesetzgeber dann die Möglichkeit geschaffen, auch Modernisierungen mit einer sog. doppelt qualifizierten Mehrheit zu beschließen. Der neu geschaffene § 22 Abs. 2 WEG lautete: „Maßnahmen (…), die der Modernisierung entsprechend § 555b Nummer 1 bis 5 BGB oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen, die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen, können (…) durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden.“.

Der Gesetzgeber hat es sich einfach gemacht, und hinsichtlich der Modernisierung auf die Begrifflichkeiten aus dem Mietrecht verwiesen. Eine Modernisierung setzt keinen Instandsetzungsbedarf voraus. Modernisierungen sind Maßnahmen, die den Gebrauchswert der Anlage nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparung von Energie und Wasser bewirken. Der Bundesgerichtshof hat inzwischen aber entschieden, dass der Modernisierungsbegriff im Wohnungseigentumsrecht nicht bei den Vorschriften des Mietrechts endet, sondern weit auszulegen ist; es genügt, wenn die Maßnahme aus der Sicht eines verständigen Wohnungseigentümers eine sinnvolle Neuerung darstellt, die voraussichtlich geeignet ist, den Gebrauchswert der Sache nachhaltig zu erhöhen. Unter Gebrauchswerterhöhung sind solche bauliche Maßnahmen zu verstehen, die die Nutzung des Objekts bequemer, sicherer, gesünder, angenehmer oder weniger arbeitsaufwendig machen. Dazu kann z.B. vom Wortlaut her auch der Anbau von bis dahin nicht vorhandenen Balkonen gehören.

Allerdings sieht das Gesetz auch ein Korrektiv vor: Die Maßnahme darf die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und auch keinen Wohnungseigentümer unbillig beeinträchtigen. Insbesondere die Eigenart der Wohnanlage begrenzt die Möglichkeit der Modernisierungen. So gibt es Gerichtsentscheidungen, die eine Veränderung der Eigenart annehmen beim Anbau von Balkonen, beim Anbau eines Wintergartens oder beim Anbau eines Außenfahrstuhles. Vieles, was das Leben in der Anlage bequemer, sicherer, gesünder oder angenehmer machen würde, verändert gleichzeitig die Eigenart.

Wann eine Maßnahme einen Eigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigt und deshalb nicht beschlossen werden kann, ist eine Frage des Einzelfalles. Der Bundesgerichtshof sagt dazu: „Unbillig sein können nur darüber hinausgehende Nachteile, die bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der Modernisierung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer zumutbarer Weise nicht abverlangt werden dürfen.“. Nun, das hilft dem geneigten Rechtsanwender im Regelfall auch nicht weiter. Die bloße Modernisierung und die damit verbunden Kosten reichen als Nachteil aber in der Regel nicht, diese treffen ja alle Eigentümer.

Zu guter Letzt braucht es für den Beschluss über eine solche Modernisierung auch noch eine sog. doppelt qualifizierte Mehrheit. Es müssen mindestens drei Viertel aller Wohnungseigentümer für die Maßnahme stimmen und diese müssen mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren. Bei der Berechnung der Miteigentümer verweist das Gesetz auf § 25 Abs. 2 WEG; es gilt somit das Kopfprinzip. Gehören einem Eigentümer zwei Wohnungen, zählt er trotzdem nur als „ein Kopf“. Das verhindert, dass ein Eigentümer, dem mehrere Wohnungen gehören, auf diese Weise die notwendige Mehrheit herbeiführen kann.

 

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