RA Martin Haucke, RAe Dr. Hantke & Partner
Das OLG Frankfurt (Beschluss vom 30.05.2022 - 22 W 22/22) hat einem Bauunternehmer die Kosten des gerichtlichen Verfahrens auferlegt, da sich dieser nach Abschluss eines Bauvorhabens die Bürgschaftsurkunde vom Bauherren nicht abholen wollte, sondern darauf bestand, dass der Bauherr die Urkunde übersendet.
Wie konnte es dazu kommen?
Zur Absicherung von Vergütungsansprüchen hatte ein Bauunternehmer dem Bauherren eine Bankbürgschaft übergeben. Nachdem alle Vergütungsansprüche des Bauunternehmers erledigt waren, forderte der Bauunternehmer mehrfach vergebens die Herausgabe/Rücksendung der Bürgschaftsurkunde auf und nahm den Bauherren schließlich gerichtlich auf Herausgabe in Anspruch. Der Bauherr erkannte die Klage sofort an, da er verpflichtet war die Urkunde herauszugeben. Er beantragte jedoch, die Kosten des Verfahrens dem Bauunternehmer aufzuerlegen.
Entscheidung des Gerichts
Das OLG Frankfurt legt dem Bauunternehmer die Kosten des Rechtsstreits auf, weil der Bauherr keinen Anlass zur Klage gegeben hatte. Der Bauunternehmer hätte die Bürgschaftsurkunde bei dem Bauherren abholen müssen und nicht darauf bestehen können, dass dieser diese übersendet oder dem Bauunternehmer übergibt. Das OLG Frankfurt erläutert dies so:
„Bei der Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe der Bürgschaftsurkunde an die Klägerin handelt es sich - wie vorn Landgericht zutreffend ausgeführt - um eine Holschuld.
Aus der Holschuld folgte für die Beklagte indes lediglich die Verpflichtung, die Bürgschaftsurkunde zur Abholung bereit zu halten und im Rahmen der Abholung herauszugeben. Weitere Pflichten des Schuldners einer Holschuld - z.B. die Erklärung der Leistungsbereitschaft oder gar die Übersendung des Herausgabegegenstands - bestehen grundsätzlich nicht. Dagegen oblag es der Klägerin als Gläubigerin, ihren Abholwillen kundzutun und die Leistung abzuholen.“
Was müssen Bauherren und Bauunternehmer beachten?
Die Entscheidung ist prinzipiell richtig; grundsätzlich handelt es sich nach dem Gesetz um eine Holschuld. Es muss aber stets geprüft werden, ob die Parteien eines Bauvertrages zu den gesetzlichen Bestimmungen tatsächlich keine abweichenden Regelung getroffen haben. Denn denkbar ist natürlich, dass ein Bauvertrag die Regelung enthält, dass der Bauherr die Urkunde als Bringschuld herauszugeben hat. Dann sieht die Sache ganz anders aus.
Unabhängig davon kann man sich aber natürlich auch mit der unjuristischen Frage beschäftigen, weshalb der Bauherr die Urkunde nicht einfach per Einschreiben an den Bauunternehmer zurückgeschickt hat - letztlich reden wir hier über gut 3 EUR, die ein Einschreiben derzeit kostet. Das wäre aber nicht so spannend, sodass zunächst das Landgericht Darmstadt und dann noch das Oberlandesgericht Franfurt beschäftigt wurden...