RA Michael Heinz, RAe Dr. Hantke & Partner
Nicht lange nach der Ankündigung, für die von dem Unternehmen angemieteten Ladengeschäfte wegen der behördlich infolge der Corona-Krise angeordneten Schließung keine Miete mehr zahlen zu wollen, hat Adidas zwischenzeitlich einen Saldo rückwärts vollzogen.
Was sind die rechtlichen Gründe dafür?
Auf die im März 2020 wegen der Corona-Krise beschlossene gesetzliche neue Regelung konnte sich Adidas für die Absicht, die laufenden Mieten nicht zu zahlen, nicht stützen. In dem neuen Art. 240 § 1 EGBGB wurde zwar für diverse Zahlungsverpflichtungen eingeführt, dass der Schuldner ein Moratorium verlangen kann. Das gilt aber zum einen nur für Verbraucher und Kleinstunternehmen und außerdem ist der Bereich Miete und Pacht davon ab (in § 1 Abs. 4 Nr. 1) ausdrücklich ausgenommen.
„Aber die Miete ist doch eine Gegenleistung dafür, dass wir im Laden etwas verkaufen können" könnte das Management von Adidas gedacht haben. Das ist erst einmal ja richtig. Der Vermieter erhält die Miete dafür, dass er dem Mieter die Mietsache zum Gebrauch für den vereinbarten Zweck überlässt (§ 535 Abs. 1 BGB). Darauf erwidert der Vermieter natürlich, er habe dem Mieter den Laden vertragsgemäß zur Verfügung gestellt. Mit der behördlichen Anordnung der Schließung habe er nichts zu tun. Darauf der Mieter: "Die Miete ist nach § 536 BGB gemindert oder gar nicht zu zahlen, wenn die Mietsache nicht genutzt werden kann – unabhängig von einem etwaigen Verschulden des Vermieters." Auch das ist richtig. Die Frage ist aber, ob es sich um einen Mangel der Mietsache handelt.
Bei öffentlich-rechtlichen Beschränkungen der Nutzbarkeit der Mietsache kommt es nach der Rechtsprechung darauf an, ob die Beschränkung mit der Beschaffenheit der Mietsache zu tun hat (dann trifft es den Vermieter) oder mit der Betriebsführung (dann trifft es den Mieter). Denn das Verwendungsrisiko trägt der Mieter. Ob seine wirtschaftliche Kalkulation aufgeht, ist grundsätzlich seine Sache. Wenn z.B. ein Laden wegen unzureichenden Brandschutzes behördlich geschlossen wird, reduziert sich die Miete für den Mieter auf null. Wenn aber die Behörde eine Sperrstunde einführt oder verschärft, betrifft das nur die persönlichen und betrieblichen Umstände des Mieters/Pächters und er bleibt zur Zahlung der Miete/Pacht in voller Höhe verpflichtet.
Für die Auffassung, dass die behördlich wegen der Corona-Krise angeordnete Schließung von Ladengeschäften in den Risikobereich des Mieters fällt, spricht eine Entscheidung des BGH vom 13.07.2011 (Az. XII ZR 189/09) zu einem zwecks Nichtraucherschutz ergangenen Rauchverbot. Auch damals ging es um den Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren. Das Gericht hat darin keinen Mangel der Mietsache gesehen. Die Gebrauchseinschränkung sei nicht auf das Gebäude, sondern auf den Betrieb des Mieters bezogen.
In Stein gemeißelt ist das alles nicht, insofern ist nicht sicher, ob für den Rückzieher von Adidas rechtliche Gründe ausschlaggebend waren oder nicht vielmehr der allgemeine Aufschrei.