RA Thomas Backen LL.M., RAe Dr. Hantke & Partner
In bestimmten Vertragskonstellationen, etwa bei einem Fernabsatzgeschäft oder bei einem sogenannten Haustürgeschäft, können bekanntlich Geschäfte von Verbrauchern gegenüber Unternehmern innerhalb einer bestimmten Frist widerrufen werden, was grundsätzlich zur Folge hat, dass der Verbraucher nicht weiter an dieses Geschäft gebunden ist.
Das Bundesarbeitsgericht musste sich nun mit einem Sachverhalt auseinandersetzen, in welchem eine Arbeitnehmerin einen Aufhebungsvertrag, welcher in ihrer Privatwohnung geschlossen worden war, gegenüber ihrem Arbeitgeber widerrufen hatte. Im Ergebnis entschied das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 7. Februar 2019 ist bisher noch nicht veröffentlicht; 6 AZR 75/18), ausweislich der nunmehr veröffentlichten Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts, Arbeitnehmern stehe ein solches Widerrufsrecht nicht zu. Zur Begründung herangezogen wurde der im Gesetzgebungsverfahren vom Gesetzgeber zum Ausdruck gebrachte Wille, dass arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht in den Anwendungsbereich des Widerrufsrechts einbezogen werden sollen.
Überraschen konnte die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts insoweit nicht, da das Bundesarbeitsgericht bereits in der Vergangenheit ausgeführt hatte, dass es sich bei einem Aufhebungsvertrag nicht um ein Haustürgeschäft handeln würde, sodass Arbeitnehmern kein Widerrufsrecht zustehe. Entsprechend hatte bereits die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Niedersachsen, in dem Rechtsstreit ein Recht zum Widerruf des Aufhebungsvertrags verneint.
Dennoch, was sowohl auf Seiten der Arbeitgeber als auch auf Seiten der Arbeitnehmer beträchtliche Aufmerksamkeit erregt, soll das Bundesarbeitsgericht diesen Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht Niedersachsen zurückverwiesen haben. Denn dort sei nicht hinreichend geprüft worden, ob der Arbeitgeber das Gebot des fairen Verhandelns vor Abschluss des Aufhebungsvertrages beachtet hatte. Aus der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts ist zu entnehmen, dass dieses Gebot des fairen Verhandelns aus einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht resultiere. Diese Nebenpflicht werde dann verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schaffe, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages erheblich erschwere. Angenommen werden müsste dies in etwa, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche bewusst ausgenutzt worden wäre. Dann müsste der Arbeitgeber in diesem Fall der Arbeitnehmerin Schadensersatz leisten und damit den Zustand wiederherstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde. Der Arbeitgeber müsse also die Arbeitnehmerin ggf. dann so stellen, als hätte sie den Aufhebungsvertrag gar nicht erst unterzeichnet. Das Arbeitsverhältnis müsste bei einem Verstoß gegen das Gebot des fairen Handelns infolgedessen fortgeführt werden.
Obgleich Arbeitnehmern also ein Widerrufsrecht bei der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages nicht zusteht, sollte etwaig geprüft werden, ob andere Gründe eine Lösung vom Aufhebungsvertrag ermöglichen könnten. Neben dem Verstoß gegen das Gebot des fairen Handelns sollte auch geprüft werden, ob der Vertrag angefochten werden kann.