Handels- und Gesellschaftsrecht: Kommanditist vs. Komplementär-GmbH-Geschäftsführer (BGH II ZR 255/16)

RAin Julia Studt, RAe Dr. Hantke & Partner

Mit Urteil vom 19.12.2017 (Az.: BGH II ZR 255/16) hat der Bundesgerichtshof entscheiden, dass ein Kommanditist einer GmbH & Co. KG nicht Ansprüche der Kommanditgesellschaft gegen den Fremdgeschäftsführer der Komplementär-GmbH im Wege der actio pro socio geltend machen kann.

Was war passiert?

Die Kläger waren Erben der im Dezember 2006 verstorbenen Erblasserin. Die Erblasserin war alleinige Kommanditistin einer GmbH & Co. KG sowie alleinige Gesellschafterin der Komplementär-GmbH. Der ursprüngliche Beklagte war der Steuerberater, Vermögensverwalter sowie Generalbevollmächtigter der Erblasserin. Seit dem Jahr 2003 war er dann zudem alleiniger Geschäftsführer der Komplementär-GmbH.

Im Jahr 2006 erwarb der Beklagte in Vertretung der Komplementär-GmbH ein Grundstück für € 7,2 Mio. Die Komplementär-GmbH handelte hierbei wiederum in Vertretung für die GmbH & Co. KG. Die Kläger waren nunmehr der Auffassung, dass der Beklagte das Grundstück wissentlich zu einem weit überhöhten Kaufpreis erworben hatte. Nachdem der Beklagte auch verstorben war, richteten die Kläger die Klage gegen seine Erben. Zunächst wurde von den Klägern die Klage auf eine Haftung aus dem Auftragsverhältnis gestützt (Steuerberatung). Die Kläger verlangten dabei die Zahlung an die Erbengemeinschaft. Hier wurden die Kläger zudem von dem eingesetzten Testamentsvollstrecker ermächtigt, alle Ansprüche des Nachlasses der Erblasserin im Zusammenhang mit dem Kauf der Immobilie im eigenen Namen und auf eigene Kosten, jedoch nur auf Leistung an den Nachlass der Erblasserin geltend zu machen.

Die Klage wurde von dem Landgericht zunächst abgewiesen. Hiergegen legten die Kläger Berufung ein und erweiterten in der Berufung ihr Begehren auf Ansprüche der GmbH & Co. KG gegen die Beklagten. Das Berufungsgericht gab daraufhin der Klage teilweise statt. Hiergegen legten die Beklagten dann Revision beim BGH ein und verfolgten weiter die Klagabweisung.

Entscheidung des BGH

Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und wies die Klage ab. Der geltend gemachte Anspruch sei unzulässig. Den Klägern fehle die Prozessführungsbefugnis. Die Kläger könnten jedenfalls keine Ansprüche der GmbH & Co. KG gegen den Fremdgeschäftsführer der Komplementär-GmbH geltend machen. Die Prozessführungsbefugnis könnte insbesondere nicht auf eine actio pro socio gestützt werden. Bei einer actio pro socio wird ein Anspruch aus dem Gesellschaftsverhältnis durch einen Gesellschafter im eigenen Namen gegen einen Mitgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft bezeichnet. Bei dem Fremdgeschäftsführer einer Komplementär-GmbH handele es sich aber eben gerade nicht um einen Gesellschafter der GmbH & Co. KG. Somit wird ein Anspruch gegen einen Nichtgesellschafter geltend gemacht. Schadensersatzansprüche der GmbH & Co. KG gegen den Fremdgeschäftsführer könnten gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG analog nur von der Komplementär-GmbH geltend gemacht werden. Obwohl für die Geltendmachung solcher Ansprüche durch die Komplementär-GmbH ihr Geschäftsführer zuständig ist und nicht angenommen werden kann, dass der Geschäftsführer Ansprüche gegen sich selbst erheben würde, bestehe kein Bedürfnis den Durchgriff auf einen Nichtgesellschafter im Wege der actio pro socio zu gestatten.

Vielmehr hätte die Möglichkeit bestanden, Ansprüche der GmbH & Co. KG gegen die Komplementär-GmbH im Wege der actio pro socio geltend zu machen. Die Komplementär-GmbH muss sich das Handeln ihres Geschäftsführers nach § 31 BGB zurechnen lassen. Damit ist die Komplementär-GmbH gegenüber der GmbH & Co. KG zum Schadensersatz verpflichtet. Die Komplementär-GmbH hat aber selbst einen Schadenersatzanspruch gegen ihren Geschäftsführer gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG. Aus dem Titel der GmbH & Co. KG gegen die Komplementär-GmbH könnte sodann in den Anspruch der Komplementär-GmbH gegen ihren Geschäftsführer vollstreckt werden.

Die Kläger hätten vorliegend aber gerade nicht Ansprüche gegen die Komplementär-GmbH geltend gemacht, sondern vielmehr lediglich gegen deren Geschäftsführer. Demnach sei die Prozessführungsbefugnis abzulehnen. Sie ergebe sich auch nicht aus der Ermächtigung des Testamentsvollstreckers zur Geltendmachung der Ansprüche des Nachlasses der Erblasserin. Denn vorliegend würde es sich gerade nicht um Ansprüche des Nachlasses handeln, sondern vielmehr um Forderungen der GmbH & Co. KG. Diese standen demnach nicht der Erblasserin persönlich zu und fielen daher auch nicht in deren Nachlass.

Stellungnahme

Der BGH führt mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung zur Geltendmachung von Ansprüchen durch Kommanditisten gegen Fremdgeschäftsführer der Komplementär-GmbH fort. Wenn im Ergebnis doch ein Anspruch der GmbH & Co. KG bejaht wird, scheint der von dem BGH vorgeschlagene Weg jedenfalls umständlich. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist für die GmbH & Co. KG jedenfalls kein Dritter. Vielmehr ist es doch gerade so, dass der Geschäftsführer in seiner Eigenschaft in Vertretung der Komplementär-GmbH Entscheidungen für die GmbH & Co. KG treffen kann wie im streitgegenständlichen Fall den Immobilienkauf. Ein Durchgriff der GmbH & Co. KG auf den Geschäftsführer sollte daher zumindest in Ausnahmefällen in Erwägung gezogen werden.

Entsprechend wird auch bereits teilweise in der Literatur vertreten, dass den Kommanditisten einer GmbH & Co. KG der unmittelbare Durchgriff auf den Fremdgeschäftsführer wegen Schadenersatzansprüchen der Gesellschaft in Folge der Verletzung von Geschäftsführerpflichten ermöglicht werden muss, wenn dafür ein besonderes persönliches Interesse besteht. Dieses wird zumindest dann angenommen, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Geschäftsführer Ansprüche gegen sich selbst geltend machen wird, daher vor allem im Fall von einer alleinigen Geschäftsführerstellung.

Der BGH hat mit seiner Entscheidung jedoch dieser Meinung eine klare Absage erteilt. Insofern müssen auch in Zukunft Ansprüche „übers Eck“ geltend gemacht werden.

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