Betreuungsrecht: Vorsorgevollmacht oder gerichtliche Betreuung – Wie soll man sich verhalten?

Annegret HantkeRAin Annegret Hantke, RAe Dr. Hantke & Partner

Bekanntlich ist die heutige Bevölkerung in Deutschland mit einer laufend steigenden Lebenserwartung „gesegnet“. Dies bringt aber leider auch mit sich, dass immer mehr Menschen, bevor sie sterben, in einen geistigen Zustand geraten, in welchem der „Betroffene“ nicht mehr in der Lage ist, seine eigenen Angelegenheiten noch eigenverantwortlich zu regeln – bis zur Situation einer auch rechtlichen „Geschäftsunfähigkeit“.

Rechtlich gibt es zwei Möglichkeiten, mit einer solchen Situation umzugehen: Zum einen sieht das Gesetz vor, dass gerichtlich eine „Betreuung“ angeordnet werden kann. Dies ist gerade keine „Entmündigung“, wie dies aus der Vergangenheit vielleicht noch bekannt ist. Es kommt nämlich nicht darauf an, ob sich die geistigen Kapazitäten bis zur totalen „Geschäftsunfähigkeit“ reduziert haben. Vielmehr kann eine Betreuung auch schon bei „Hilfsbedürftigkeit“ eingerichtet werden, wobei allerdings ein gewisser Grad erreicht sein muss und je nach Grad der Hilfsbedürftigkeit auch die Mitwirkung bzw. Einwilligung des „Betroffenen“ zumindest eine Rolle spielen kann. Als Nachteil einer solchen „Betreuung“ wird von vielen empfunden, dass eine fremde Person vom Gericht als „Betreuer“ eingesetzt wird. Eine Einflussnahme auf die Auswahl von dessen Person durch das Gericht ist nur im begrenzten Umfang möglich. Deswegen bietet sich als Alternative die Erteilung einer „Vorsorgevollmacht“ an. Insoweit kann jeder selbst und frei entscheiden – man sollte dies dann allerdings auch tun, solange man noch in der Lage ist eine Vertrauensperson auszuwählen, welche in der eingangs beschrieben Situation bereit und in der Lage ist, die Funktion eines solchen „Vorsorgebevollmächtigten“ zu übernehmen. Achtung: Die inzwischen weithin bekannte „Patientenverfügung“ betrifft nur eine spezielle Situation, wie im Krankheitsfall verfahren werden soll. Sie wird oft gemeinsam mit der Erteilung einer „Vorsorgevollmacht“ erklärt, kann aber wegen ihrer Beschränkung auf den Umgang mit den Folgen einer Erkrankung die „Vorsorgevollmacht“ nicht ersetzen. Allerdings kann auch die Erteilung einer Vorsorgevollmacht mit Risiken und Problemen verbunden sein, welche die Entscheidung doch wieder zu Gunsten der Einrichtung einer gerichtlichen Betreuung beeinflussen könnte.

Hierzu nur kurz Folgendes: Da man nicht sicher voraussehen kann für welche Situationen die Vorsorgevollmacht – für den Fall der Fälle – benötigt wird, sollte die Vorsorgevollmacht in der Regel als „Generalvollmacht“ – und dann auch notariell – erteilt werden. Auf der anderen Seite liegt auf der Hand, dass eine solche umfangreiche Bevollmächtigung nur verantwortet werden kann, wenn ein absolutes Vertrauensverhältnis zu der als Bevollmächtigte/r in Aussicht genommenen Person besteht und sichergestellt ist, dass dieses Vertrauensverhältnis auch für die Zukunft bestehen bleiben wird – insbesondere dann, wenn man als „Vollmachtgeber“ nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Denn gerade für diesen Fall soll die „Vorsorgevollmacht“ erteilt werden. Leider häufen sich in letzter Zeit auch Fälle, in denen Vorsorgevollmachten missbraucht werden. Dieses Risiko könnte dann dafür sprechen, doch der Einrichtung einer gerichtlichen Betreuung den Vorzug zu geben. Denn der gerichtlich bestellte Betreuer ist der Aufsicht durch das Gericht unterworfen und muss auch dem Gericht gegenüber regelmäßig berichten, vor allem auch Rechnung legen. Gleichwohl bleibt das Problem, dass auf die Auswahl des vom Gericht bestellten Betreuers nur beschränkt Einfluss genommen werden kann. Dies auch deshalb, weil der zu Betreuende oft gar nicht mehr in der Lage ist, dem Gericht eine geeignete Person zu benennen. Als „Mittelweg“ kann die Möglichkeit in Betracht kommen, dass – wenn eine Vorsorgevollmacht erteilt ist – bei Gericht – von wem auch immer – die Einrichtung einer ergänzenden „Kontroll-Betreuung“ beantragt wird. Dieser „Kontrollbetreuer“ hätte dann lediglich die Aufgabe, den „Vorsorgebevollmächtigten“ zu überwachen – was dann aber auch für den Vorsorgebevollmächtigten nicht ohne Probleme ist, insbesondere wenn er aufgrund eines besonderen persönlichen Vertrauensverhältnisses bestellt wurde, er aber jetzt der „Aufsicht“ durch einen „Kontrollbetreuer“ unterworfen werden soll. Außerdem kann die Kontrolle eines Bevollmächtigten für den Kontrollbetreuer schwierig werden, wenn eine „Kontrolle“ erst nachträglich stattfinden kann wenn der Bevollmächtigte bereits gehandelt hat.

Derjenige, der sich bereitfindet, die Funktion eines Vorsorgebevollmächtigten zu übernehmen, muss mögliche Konsequenzen dahin bedenken, dass auch ihn – vor allem in einem späteren Erbfall – die Pflicht zur Rechnungslegung treffen kann. Dies wird inzwischen schon als „Falle“ bezeichnet; wer bereit ist, die Funktion eines „Vorsorgebevollmächtigten“ zu übernehmen, macht sich oft hierüber gar keine Gedanken. Man könnte – als potentieller „Vorsorgebevollmächtigter“ – bei Erteilung der Vollmacht darauf bestehen, dass eine Pflicht zur Rechnungslegung ausgeschlossen wird. Dass aber auch Solches problematisch werden kann, bedarf kaum weiterer Ausführungen.

Also zusammengefasst: Neben der Notwendigkeit, Regelungen dazu zu treffen, was in einem Todesfall geschehen soll – also die sogenannten „letztwilligen Verfügungen“ – wird es mit der steigenden Lebenserwartung immer wichtiger, auch Regelungen für einen Zeitraum zu treffen, der heute dem Tod vorausgehen kann. Dies durch Erteilung einer „Vorsorgevollmacht“, wenn man es nicht darauf ankommen lassen will, dass eine gerichtliche Betreuung eingerichtet wird, wenn die Voraussetzungen hierfür eintreten. Auch hierbei sind aber vielfältige Fragen zu bedenken, so dass auch hier wieder gilt: Die Einholung einer qualifizierten rechtlichen Beratung ist zwingend erforderlich, wenn man auch insoweit sicherstellen will, eine sachgerechte Regelung zu treffen. Zum Abschluss noch einmal Achtung: Entgegen einer gelegentlich verbreiteten Annahme sind Ehepartner nicht „automatisch“ berechtigt, für den anderen Teil zu handeln. Es bedarf immer einer ausdrücklich erteilten „Vorsorgevollmacht“ oder einer gerichtlichen Bestellung zum „Betreuer“.

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