RAin Julia Studt, RAe Dr. Hantke & Partner
In seiner Entscheidung vom 21.08.2019 hat das Oberlandesgericht Stuttgart (Az.: 15 UF 80/19) in Fortführung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 24.01.2011 (Az.: II-2 WF 277/10) herausgestellt, dass der Anspruch auf Trennungsunterhalt erlischt, sofern die getrennt lebenden Ehegatten für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten die eheliche Lebensgemeinschaft wiederaufnehmen, da während dieser Zeit der Anspruch auf Familienunterhalt bestehe, welcher nicht identisch mit dem Anspruch auf Trennungsunterhalt sei.
Was war passiert?
Die beteiligten Eheleute hatten im Jahr 1989 die Ehe miteinander geschlossen und waren im Jahr 2008 geschieden worden. Bereits am 01.04.2004 ließen die Eheleute eine notarielle Urkunde errichten, in welcher sich der Ehemann zur Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhaltes in Höhe von € 198,00 verpflichtete. Hinsichtlich dieser Zahlungsverpflichtung unterwarf er sich in derselben notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen.
Die Eheleute gaben übereinstimmend in dem späteren Gerichtsverfahren an, seit September 2003 getrennt gelebt zu haben. Im Zeitraum von Mai 2005 bis August 2005 haben die Eheleute nach übereinstimmenden Aussagen wieder zusammengelebt.
Seit Anfang 2018 betrieb die Ehefrau die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Trennungsunterhaltes für den Zeitraum von 2004 bis 2008 aus der notariellen Urkunde. Der Ehemann wandte sich hieraufhin an das Amtsgericht Göppingen, um gegen die Zwangsvollstreckung vorzugehen. Hierbei begründete er seinen Antrag damit, dass die Zwangsvollstreckung aufgrund von Verwirkung unzulässig sei, da di Ehefrau seit der Scheidung im Jahr 2008 bis zum Jahr 2018 keine Zwangsvollstreckung durchgeführt hätte.
Das Amtsgericht wies den Antrag des Ehemannes mit der Begründung ab, dass Verwirkung nicht eingetreten sei, da durch das bloße Unterlassen der Durchsetzung der Ansprüche keinen besonderen Vertrauenstatbestand für den Ehemann begründe, weshalb das für die Verwirkung neben dem Zeitmoment erforderliche Umstandsmoment nicht erfüllt sei. Darüber hinaus sei aufgrund der Trennungsdauer von 19 Monaten der Anspruch auf Trennungsunterhalt auch nicht durch die kurzfristige Versöhnung der Eheleute erloschen.
Der Ehemann legte gegen die Entscheidung des Amtsgericht Beschwerde beim Oberlandesgericht Stuttgart ein.
Entscheidung des Gerichts
Das Oberlandesgericht Stuttgart gab der Beschwerde des Ehemannes statt und änderte die Entscheidung des Amtsgerichts ab. Ob die Voraussetzungen einer Verwirkung gegeben seien, ließ das Gericht offen, da es ausführte, dass der Ehefrau bereits kein Titel für die Zwangsvollstreckung mehr zur Verfügung gestanden habe. Aufgrund des viermonatigen Zusammenlebens – welches vor dem Amtsgericht noch unstreitig war – sei der Anspruch auf Trennungsunterhalt aus der notariellen Urkunde vom 01.04.2004 erloschen.
Das Gericht führte in seiner Begründung weiter aus, dass bei einem Zusammenleben zum Zwecke der Versöhnung ein titulierter Anspruch auf Trennungsunterhalt erlischt, da keine Identität zwischen dem Anspruch auf Trennungsunterhalt gemäß § 1361 BGB und dem Anspruch auf Familienunterhalt gemäß §§ 1360, 1360a BGB bestehe. Dieses würde jedenfalls dann gelten, wenn die Eheleute länger als drei Monate wieder zusammengelebt hätten, da bei diesem Zeitraum nicht mehr von einem nur kurzfristigen Versöhnungsversuch ausgegangen werden kann.
Der Anspruch auf Trennungsunterhalt aus der titulierten Urkunde lebt nach einer erneuten Trennung nicht wieder auf. Vielmehr ist nach einem gescheiterten Versöhnungsversuch ein neuer Titel auf Zahlung von Trennungsunterhalt erforderlich.
Fazit
Zwischen Eheleuten werden oftmals sog. Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen geschlossen, in welcher auch Regelungen über den Trennungsunterhalt aufgenommen werden. Die Unterwerfung der sofortigen Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen ist hierbei eine übliche Klausel. Jedoch kann es durchaus vorkommen, dass sich die Eheleute nach Errichtung einer solchen Vereinbarung wieder annähern. Jedoch darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die in der Vereinbarung getroffenen Regelungen im Hinblick darauf getroffen wurden, dass sich die Eheleute wohl zeitnah scheiden lassen werden. Sofern eine Versöhnung stattfindet – welche nicht nur vorübergehend ist, sondern mindestens drei Monate andauert – muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die geschlossene Vereinbarung bei einer erneuten Trennung keinen Bestand haben dürfte.