Erbrecht: Ausschlagungsfrist bei Auslandsaufenthalt (BGH IV ZB 20/18)

RAin Krystyna Schurwanz, RAe Dr. Hantke & Partner

Wer ein Erbe nicht antreten möchte, muss innerhalb von 6 Wochen das Erbe gegenüber dem Nachlassgericht ausschlagen. Die Ausschlagung kann gemäß § 1944 Absatz 1 BGB nur binnen sechs Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt (§ 1944 Absatz 2 Satz 1 BGB). Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Frist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht (§ 1944 Absatz 2 Satz 2 BGB).

Die Frist zur Ausschlagung beträgt allerdings 6 Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält (§ 1944 Absatz 3 BGB).

Der BGH hat sich in dem Beschluss vom 16.01.2019 (Az. IV ZB 20/18) mit der Frage beschäftigt, wann ein Auslandsaufenthalt im Sinne des § 1944 Absatz 3 BGB vorliegt. In dem dortigen Fall haben sich die Erben zu einem Tagesausflug in Dänemark befunden, als die Mitteilung des Nachlassgerichts per Post angekommen ist. Ein solcher Aufenthalt von einigen Stunden zu einem Tagesausflug habe die Verlängerung der Ausschlagungsfrist nicht zur Folge. Die Verlängerung der Ausschlagungsfrist von sechs Wochen auf sechs Monate bei letztem Wohnsitz des Erblassers im Ausland oder Aufenthalt des Erben im Ausland soll den besonderen Schwierigkeiten Rechnung tragen, die in derartigen Fällen bei Klärung der Frage entstehen können, ob die Erbschaft angenommen oder ausgeschlagen werden soll (OLG Frankfurt ZEV 2913, 196, 198). Maßgebend für den Begriff des Aufenthalts im Sinne von § 1944 Absatz 3 BGB seien einerseits das Verhältnis zu anderen vergleichbaren Begrifflichkeiten sowie andererseits Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Das Gesetz stellt in § 1944 Absatz 3 BGB beim Erblasser auf dessen letzten Wohnsitz im Ausland ab, beim Erben dagegen nur auf den Aufenthalt. Wohnsitz ist gemäß § 7 Absatz 1 BGB der Ort, an dem eine Person sich ständig niederlässt. Der Wohnsitz wird aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie aufzugeben (§ 7 Absatz 3 BGB). Der Begriff des Aufenthalts unterscheidet sich vom Wohnsitz dadurch, dass der Wille, den Aufenthaltsort zum Mittelpunkt oder Schwerpunkt der Lebensverhältnisse zu machen, nicht erforderlich ist (Soergel/Fahse BGB 13. Auflage Vor § 7 Rn 16; Staudinger/Kannowski (2018) BGB Vorbem. Zu § 7 7-11 Rn2).

Auf dieser Grundlage ist weitestgehend anerkannt, dass für den schlichten Aufenthalt ein tatsächliches Verweilen an einem bestimmten Ort mit einer gewissen Verweildauer genügt. Ausgehend hiervon sei der Begriff des Aufenthalts im Sinne von § 1944 Absatz 3 BGB sodann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift zu bestimmen. Diese will den Kommunikationsproblemen Rechnung tragen, die sich für den Erben ergeben, wenn er sich im Zeitpunkt des Fristbeginns im Ausland aufhält, er also die maßgeblichen Informationen über den Erbfall und dessen tatsächliche sowie rechtliche Auswirkungen nur unter besonderen Schwierigkeiten erlangen kann.

In dem Fall des BGH erfolgte ein geplanter Ausflug für einige Stunden in das benachbarte Ausland – von Nordfriesland nach Dänemark –, um sodann noch am selben Tag – wie ebenfalls geplant – wieder nach Deutschland zurückzukehren. Es sei nicht ersichtlich und werde auch nicht nachvollziehbar dargelegt, welche besonderen Kommunikationsschwierigkeiten es in dem Fall gegeben hat. Ein Auslandsaufenthalt im Sinne von § 1944 Absatz 3 BGB lag somit nicht vor. Besondere Erschwernisse durch den Auslandsaufenthalt, die die Verlängerung der Frist gemäß § 1944 Absatz 3 BGB rechtfertigen, lagen nicht vor.

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