RA Martin Haucke, RAe Dr. Hantke & Partner
Mit der Frage, ob die Eigentümergemeinschaft über die erforderliche Kompetenz verfügt, eine Fortgeltung eines konkreten Wirtschaftsplans beschließen zu können, hatte sich zuletzt das Amtsgericht Hamburg (Urteil vom 04.02.2017, Az.: 12 C 260/15) und das Landgericht Hamburg (Urteil vom 20.12.2017, Az.: 318 S 15/17) zu befassen. Nunmehr wird sich der BGH (Az.: V ZR 2/18) mit dieser Frage auseinander setzen müssen.
Um was ging es?
Die Eigentümer hatten in der Eigentümerversammlung am 12.08.2014 zu TOP 11 die Genehmigung und die Fortgeltung des Wirtschaftsplans 2015 bis zur Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan beschlossen. Das Amtsgericht hatte eine Nichtigkeit des Beschlusses nicht festgestellt mit der Begründung, dass die Wohnungseigentümer über die Kompetenz zur Beschlussfassung verfügen, da die Eigentümer mit dem Beschluss lediglich einen (zulässigen) Einzelfall regeln würden. Der konkrete Wirtschaftsplan 2015 solle schließlich nur solange gelten - also auch über das Wirtschaftsjahr 2015 hinaus - bis ein neuer Wirtschaftsplan beschlossen wäre. Das Landgericht folgte letztlich der Auffassung des Amtsgerichts.
Warum das Ganze?
Viele Verwalter oder Eigentümer stellen sich nun möglicherweise die Frage, warum der BGH sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen hat, da die Fortgeltung eines Wirtschaftsplans im Prinzip seit geraumer Zeit gelebte Praxis ist. An dieser Stelle muss man zwei Sachverhalte unterscheiden: Zum einen den „allgemeinen“ Beschluss der Eigenetümer mit welchem geregelt werden soll, dass Wirtschaftspläne immer solange gelten sollen bis ein neuer Wirtschaftsplan beschlossen wird und zum anderen der Beschluss über die Fortgeltung eines „konkreten“ Wirtschaftsplans bis zur Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan.
Grundsätzlich gilt ein Wirtschaftsplan gemäß § 28 Abs. 1, Abs. 3 WEG nur für das jeweilige Kalenderjahr für welchen er beschlossen worden ist. Die Eigentümer können aber abweichende Regelungen hiervon treffen. Im Fall des „allgemeinen“ Beschlusses (wonach zukünftige Wirtschaftspläne immer solange gelten sollen bis ein neuer Wirtschaftsplan beschlossen wurde) fehlt den Eigentümern jedoch die Beschlusskompetenz; eine solche Regelung können die Eigentümer allenfalls allstimmig durch eine Vereinbarung treffen. Im Fall des „konkreten“ Beschlusses (wonach ein bestimmter Wirtschaftspläne solange gelten soll bis ein neuer Wirtschaftsplan beschlossen wurde) ist nach weit verbreiteter Auffassung in der Rechtsprechung die Beschlusskompetenz gegeben. Es gibt aber auch Stimmen in der Rechtsprechung und Literatur (BeckOK WEG/Bartholome, 32. Edition, § 28 Rn. 21; Jennißen/Jennißen, WEG, 5. Auflage, § 28 Rn. 47 und 63a) die Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines solchen Beschlusses haben. Ein mögliches Argument für eine Nichtigkeit mag sein, dass unklar ist, ob und wann die Beschlussfassung des nächsten Wirtschaftsplanes erfolgt bzw. ob und wann die Gemeinschaft in der Zunkunft darüber entscheidet, da nicht mehr über einen neuen Wirtschaftsplan beschlossen werden müsse (der alte gelte ja fort). Es bestehen also durchaus divergierende Rechtsauffassungen, sodass eine Stellungnahme des BGH Klarheit schaffen könnte.
Stellungnahme
Im vorliegenden Fall ging es um die Rechtmäßigkeit eines „konkreten“ Beschlusses, da der Wirtschaftsplan 2015 fortgelten sollte. Nach der hier vertretenen Auffassung ist ein solcher Beschluss aber wirksam, da die Eigentümer über die entsprechende Beschlusskompetenz verfügen. Hierfür sprechen insbesondere zwei Argumente: Zum Zeitpunkt des Beschlusses der Eigentümer über einen Wirtschaftsplan (mit oder ohne Fortgeltungsklausel) ist unklar, ob und wann der nächste Wirtschaftsplan beschlossen wird. Die Argumentation der kritischen Stimmen - es sei ja unklar wann der neue Wirtschaftsplan beschlossen werde - greift zu kurz, da diese Problematik zum Zeitpunkt der Beschlussfassung immer vorliegt; man weiß eben nicht was in der Zunkunft passiert. Unabhängig davon hat die Gemeinschaft jährlich über einen Wirtschaftsplan zu beschließen, egal ob eine Fortgeltungsklausel beschlossen wurde oder nicht - ein Verstoß der Eigentümer liegt also nicht in der Genehmigung einer Fortgeltungsklausel, sondern erst später nämlich dann wenn die Gemeinschaft keinen Beschluss über einen neuen Wirtschaftsplan fasst.
Darüber hinaus steht eine Gemeinschaft aber gerade bei einem Beschluss mit Fortgeltungsklausel besser da als ohne. Denn durch die Fortgeltungsklausel hat die Gemeinschaft auch im folgenden Jahr, bis es zu einer ordentlichen Eigentümerversammlung kommt, stets einen Anspruch auf Zahlung der Hausgelder. Überlicherweise finden die ordentlichen Eigentümerversammlungen jedoch erst in der zweiten Jahreshälfte statt. Wenn es also erst dort zur Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan für das aktuelle Jahr kommt, kann die Gemeinschaft schon Liquiditätsprobleme haben.
Als Alternative hierzu bietet sich letztlich an einen Wirtschaftsplan für das kommende Jahr aufzustellen. Dieser wird aber nicht anders lauten, als der Wirtschaftsplan für das aktuelle Wirtschaftsjahr mit einer Fortgeltungsklausel, da ja noch keine Jahresabrechnung für das laufende Jahr erstellt worden sein kann. Die Zahlen des Wirtschaftsplanes für das kommende Wirtschaftsjahr würden daher auf den Ergebnissen des (Vor-)Vorjahres basieren. Man könnte also auch den aktuellen Wirtschaftsplan fortschreiben; das Ergebnis wäre das selbe.
[Update vom 30.10.2018: Mir scheinen die in einer vorherigen Version noch zitierten Entscheidungen des LG Itzehoe und AG Hamburg-Blankenese, bezogen auf den Sachverhalt zum Thema Fortgeltungsklausel, nicht ganz vergleichbar, sodass ich diese wieder entfernt habe.]